Vielleicht haben Sie ja auch die Erfahrung gemacht, dass eine "Bestellung ans Universum" nicht ausreicht, um den Wandel zu bewirken, um den es Ihnen geht. Christiane Tietze beleuchtet die Mechanismen, die gesehen und geehrt sein müssen, damit Erneuerung gelingt.

Sie alle kennen sicher das Märchen von Dornröschen – zur Ehre der Geburt ihrer wunderschönen Tochter gaben König und Königin ein großes Fest. Da sie nur 12 goldene Teller hatten, luden sie von den 13 weisen Frauen (Feen) in ihrem Land jedoch nur 12 ein. Als gerade all diese die kleine Prinzessin mit Schönheit, Klugheit, Mut etc. segneten, kam die gekränkte, nicht eingeladene Fee und verfluchte das Kind, auf dass es an seinem 15. Geburtstag sterben sollte. Die letzte Fee, deren Segen noch nicht gesprochen war, konnte den Tod in einen 100 jährigen Schlaf mildern….

Was wäre wohl geschehen, wenn König und Königin einfach ehrlich gesagt hätten, dass sie nur 12 Teller haben…jedoch alle 13 weisen Frauen geehrt und eingeladen hätten….? Wenn sie alle gewürdigt hätten als das, was sie sind? Dann hätte das Kind sicher von allen das Geschenk, den Segen erhalten. (Wir allerdings dann kein Märchen…)

Dieses Märchen läßt sich auch auf den Umgang mit unseren inneren Teilen anwenden. Alles, was ehrlich da sein darf, was geehrt wird, trägt zu unser Fülle und Ganzheit bei und heilt. Das was ausgeschlossen ist, wirkt umso stärker, jedoch nicht in der erwünschten Richtung.

Meist scheitert dies jedoch daran, dass unser Selbstbild klar der Ansicht ist, dass Aspekte, die wir in unserer Erfahrungswelt als störend kennengelernt haben, nicht da sein dürfen, fest weggesperrt werden. Doch auch wie im Märchen – in der hintersten Schlosskammer findet sich, trotz all der Vorkehrungsmaßnahmen des Königs, doch noch einen Spindel, an der sich das Kind sticht und die Prophezeiung erfüllt. Denn - egal wie sehr wir uns anstrengen, zu verbergen, was nicht da sein darf – es zeigt sich irgendwann.

Ein Fallbeispiel: eine sehr attraktive Klientin wünschte sich nichts sehnlicher, als einen Partner zu finden – doch seit Jahren ohne Erfolg. Schluchzend rief sie in die Gruppe: aber ich bin doch so liebevoll und auch attraktiv, warum traut sich denn keiner an mich ran? Der Punkt war – ja, sie war eindeutig liebevoll und weiblich, aber hinter ihr – mit energetischen Augen gesehen – stand eine Amazone mit der Pump-Gun in der Hand und der Haltung "komm mir ja nicht zu nahe". Dieser Persönlichkeitsanteil hatte sich in ihrer Kindheit, die von Übergriffigkeit und Mißbrauch geprägt war, herausgebildet – um sie zu beschützen. Und das tat sie auch heute noch, denn wichtigste Programmierung für diesen Persönlichkeitsaspekt war das Schützen, Gefühle waren sekundär, sie war ein Soldat im Krieg…. Und wegschicken lies sie sich nicht, es war Teil ihres "Jobs", auf nichts zu hören….

Unsere "normale" Reaktion, wenn wir einen solchen, unwillkommenen Mechanismus in uns entdecken ist meist die Ablehnung. Wir nennen ihn Saboteur und wollen ihn weg-haben. Tatsache aber ist, dass dieser Aspekt unserer selbst uns liebt, uns beschützen will. Nur die Wahl der Mittel ist oft nicht mehr zeitgemäß. Wir sollten ihn behandeln wie unseren Lebensretter, der nun in Rente gehen darf…ihn ehren, würdigen, anerkennen. Für seinen Einsatz danken und ihm versichern, dass er dazu gehört. Dass er sich einfach nur jetzt ausruhen darf, weil es nun, heute, Aspekte in uns gibt, die über neue Fähigkeiten verfügen, dass das Alte nicht mehr geschehen wird.

Alles, vor allem aber unser Schmerz, muss angemessen geehrt und gewürdigt sein, bevor Veränderung stattfinden kann. Wunder sind möglich, immer. Aber wenn das Wunder der Heilung oder des Erreichens unseres Traums für einen anderen Teil von uns bedeuten würde, dass wir uns mit unserem Schmerz, unserer Schwierigkeit nur "angestellt" haben, weil es sich ja eben in einer Sitzung, in einem Augenblick wandeln läßt, dann dient uns das Wunder nicht, und es wird nicht geschehen. Stellen Sie sich nur einen Augenblick vor, was geschieht, wenn eine Frau, die 20 Jahre lang unter den Folgen einer Vergewaltigung in der Kindheit gelitten hat, welche die Familie aber immer verleugnen wollte, nun in einer Sitzung Heilung erfährt. Und die Familie dann sagt: s iehste, wir haben doch immer gesagt, es war nicht so schlimm….hast dich nur angestellt…oder es dir gar nur ausgedacht….Für diesen Teilaspekt der Frau wäre Heilung gar nicht wünschenswert, denn sie würde bedeutet, dass er seine einzige Chance auf Würdigung des Schmerzes verliert.

Möge das Leben Ihnen aufgehen, Tür um Tür; mögen Sie in sich die Fähigkeit finden, ihm zu vertrauen, und den Mut, gerade dem Schweren das meiste Vertrauen zu geben…
Was von uns verlangt wird, ist, dass wir das Schwere lieben und mit dem Schweren umgehen lernen. Im Schweren sind die freundlichen Kräfte, die Hände, die an uns arbeiten. Mitten im Schweren sollen wir unsere Freuden haben, unser Glück, unsere Träume: da, vor der Tiefe dieses Hintergrunds, heben sie sich ab, da sehen wir erst, wie schön sie sind. Und nur im Dunkel der Schwere hat unser kostbares Lächeln einen Sinn; da leuchtet es erst mit seinem tiefen, träumenden Licht, und in der Helligkeit, die es für einen Augenblick verbreitet, sehen wir die Wunder und Schätze, von denen wir umgeben sind. Und ich möchte euch so gut ich es kann, bitten, Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Eurem Herzen und zu versuchen, die Fragen selbst liebzuhaben wie verschlossene Stuben und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind. Forscht jetzt nicht nach den Antworten, die euch nicht gegeben werden können, weil ihr sie nicht leben könnten. Und es handelt sich darum, alles zu leben. Lebt jetzt eure Fragen. Vielleicht lebt ihr dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein.
 

Rainer Maria Rilke (Briefe, zitiert nach Birgit Trappmann-Korr, Hochsensitiv, VAK 2010)

Kennen Sie Menschen, die sich selbst oft die besten Gelegenheiten im letzten Moment verderben? Die ein Händchen für Missgeschicke und Desaster zu haben scheinen? Dann arbeiten in diesem Menschen zwei Anteile mit ganz unterschiedlichem Ziel. Das, was ist, dient immer einem Teil von uns. Und je unwandelbarer eine Lebenssituation sich zeigt, desto mehr Angst hat dieser Teil vor Veränderung. Wann immer in Ihrem Leben sich etwas nicht verwirklicht, trotz aller Anstrengung, dann gibt es einen guten Grund. Denn erreichen immer, ausnahmslos, was wir wollen. Und wenn wir das angestrebte Ziel nicht erreichen, dann erreichen wir ein Ziel, das für einen Teilaspekt – unbewußt – noch viel wichtiger ist. Daher gilt es, mit dem vermeintlichen Saboteur nicht etwa zu kämpfen – denn das verleiht ihm nur mehr Kraft. Vielmehr geht es darum Frieden zu schließen und ihn endlich zu fragen, was er braucht und ihn dann damit zu nähren. (vgl. Artikel Dämonen Füttern, Angelika Fischer, r & z 162)

Annahme und Würdigung

Das einzige, was wirk-lich löst, ist Annahme und Würdigung dessen, was uns im Jetzt so hindert und stört. Denn spannenderweise, wenn wir ehren und würdigen, was (scheinbar) hindert, wandelt es sich oft (gerade weil es nicht mehr muss). Wird Teil unseres Ganzen, und entfaltet nicht selten wunderbare Fähigkeiten.

Be the change that you want to see in the world.

Andreas Krüger nennt es "die Tafelrunde unserer Seele" – die Gesamtheit aller Aspekte dessen, was wir sind. Denn nur, wenn jeder Aspekt unserer Vielheit dazugehören darf, können wir unsere besondere Gabe, unsere Kraft entfalten. Vielleicht darf ich Sie ja dazu einladen, bei sich selbst einmal zu schauen, wer bei Ihnen noch darauf wartet, dazugehören zu dürfen? Dazu gibt es eine ganz einfache Frage: was für Menschen mögen Sie überhaupt nicht, wie darf man auf keinen Fall sein? Wobei werden Sie ärgerlich, wenn Sie ein anderen Mensch also solches bezeichnet ? (Und damit meine ich nicht nur, wenn Ihr Mann sagt: Du bist wie deine Mutter ;-))

Es geht jetzt gar nicht in erster Linie darum, all die "Bösen" aufzuzählen, lassen Sie uns ganz klein, alltäglich und persönlich bleiben…Hierzu ein eigenes Beispiel: für mich waren Frauen mit dieser besonderen "ach, ich bin ja so wichtig…man bringe mir….man nehme Rücksicht" ein Greuel. So durfte man auf gar keinen Fall sein!! Was dazu führte, dass ich immer großen Wert darauf legte, besonders "pflegeleicht" zu sein. Und mich bloss nicht in den Vordergrund zu stellen. Daher habe ich in den ersten Jahren meiner Lehrtätigkeit auch möglichst wenig vorgemacht…schließlich wollte ich ja die anderen ermächtigen, es zu tun. Dass es jedoch (allein schon aufgrund der Spiegelneuronen –

Kästchen…[Ein Spiegelneuron ist eine Nervenzelle, die im Gehirn von Primaten während der Betrachtung eines Vorgangs die gleichen Reize auslöst, wie sie entstünden, wenn dieser Vorgang nicht bloß (passiv) betrachtet, sondern selbst (aktiv) durchgeführt würde. Wikipedia)

sehr viel leichter ist, etwas zu tun, was man vorgemacht bekommt, wurde mir erst später klar. Und dass ich, um Vorträge vor vielen Menschen halten zu können, durchaus ein gewisses Vergnügen am Gesehen-Werden brauche, wurde mir auch erst klar, nachdem ich mit diesem Schattenanteil gearbeitet hatte und meine innere "Diva" mit an den Seelentisch lud.

"Es geht nicht darum, die Dinge auszumerzen, die wir an uns nicht mögen, sondern darum, die positiven Seiten dieser Aspekte zu finden und sie in unser Leben zu integrieren." (Debbie Ford, Die dunkle Seite der Lichtjäger, Goldmann 1999, S. 26).

Viele dieser Schattenanteile kann man als die zu laut gedrehte Lautstärke eines Radios beschreiben. Was bleibt, wenn Sie nun z.B. bei einem vor Wut tobenden Menschen die "Lautstärke reduzieren": Jemand, der entschieden sagen kann, was er möchte? Der Entschlossenheit, sein Grenzen zu setzen und deutlich zu machen, signalisiert? Eine sicherlich nützliche Ressource.

„Jeder von uns besitzt jede existierende menschliche Eigenschaft. Es gibt nichts, was wir sehen oder wahrnehmen können, das wir nicht sind, und der Zweck unserer Reise ist es, diese Ganzheit wieder in uns herzustellen.“[1] Ford, S. 21

 Ich habe häufig mit Klientinnen gearbeitet , die – unter großen Schuldgefühlen – und oft zum ersten Mal in ihrem Leben „verbotene“ Gefühle wie zum Beispiel ihre Wut auf die Eltern oder Kinder ausgesprochen haben. Welche Erlösung war jedes Mal zu beobachten, wenn das Gefühl da sein darf, wenn es erlaubt ist, ja sogar "normal" ist. So sind wir doch alle.

Transformation wird möglich, wenn wir uns uns selbst zuwenden, unserem Mangel an Selbst-liebe und Selbst-Annahme – um das wir zwar im Außen, mit dem Gegenüber ringen, dass aber nur durch uns selbst geschehen kann. Erst wenn ich mir die Liebe und Zuwendung geben kann, nach der ich beim anderen suche, kann er diesem Vorbild folgen. Und so schreibt Byron Katie: „Unsere Eltern, unsere Kinder oder unsere Partner werden uns immer wieder ärgern, bis wir in unserem Ärger etwas erkennen, was wir bisher über uns nicht wissen wollten.“[2]

"Sie leben mit Gott in Gestalt Ihres Mannes [Ihrer Frau, Ihrer Kinder Anm.d. Verf.], und er wird Ihnen all Ihre unklaren Stellen zeigen und Ihnen geben, was Sie brauchen, damit Sie sich befreien können. Das ist Liebe." (Byron Katie, Über Liebe, Sex und Beziehungen, Goldmann Arkana, S. 29.)

Es ist ja nicht so, dass wir nur dieser eine Anteil sind, wir sind immer Fülle, Wahlmöglichkeit. Nur oft sind die Gefühle und auch die Hilflosigkeit so stark, dass wir das vergessen. Sie alle kennen sicher Momente, in denen Sie sich völlig erleuchtet, wissend, entspannt und abgeklärt fühlen. Alles verstehen, erkennen….Und die anderen, in denen wir gerade mal drei Jahre alt sind…und gefangen in übermächtigen Emotionen uns zum kompletten Narren machen…. Ohne eine bewußte Lenkung, ohne den inneren Beobachter, reagieren dann andere Teilaspekte auf diesen inneren Kinderteil – der Antreiber zum Beispiel. Aber was würde ein kindlicher Teil in einer solchen Situation wirklich brauchen? Einen verständnisvollen Erwachsenen, der die Dinge wieder in Perspektive rückt. Der zuhört, und beruhigt. Nun, genau das können wir für uns sein. Und das kann man lernen.

Ich habe diese Gefühle – aber ich bin sie nicht. Ich bin auch noch jemand anders. Ich bin in der Tat nicht mehr das hilflose bedürftige Kind, ich habe es, als Anteil in mir. Und anders als damals, in der Kindheit, habe ich jetzt mich, kann mich um mich kümmern, so, wie es gebraucht wird. Dass ich es vom anderen brauche ist nur eine Illusion, denn – mein Gegenüber spiegelt mir lediglich, was ich in mir noch nicht annehmen kann, wie ich mit mir umgehe oder was ich in mir nicht sehen will.

"Wenn wir unsere Überzeugungen ändern, ändern wir unser Leben" sagt Gregg Braden. Denn es ist immer unser Denken, dass uns Schmerzen bereitet – nicht die Dinge selbst. "Die Bedeutung einer Botschaft bestimmt der Empfänger" sagt Gunther Schmidt und in der Tat bestimmt immer das, was wir uns über eine Sache erzählen unser Gefühl: wenn ein Bekannter Sie in der Stadt nicht grüßt – was erzählen Sie sich dann – "wusste ichs doch, er mag mich nicht"? Oder "er hat mich nicht gesehen"? Wenn Ihr Partner vergisst, den Mantel aus der Reinigung mitzubringen – sagen Sie sich dann: Typisch, ich bin ihm nicht wichtig, nie denkt er an mich? (Und fühlen sich natürlich dann schlecht, ungeliebt, zurückgewiesen, nicht gesehen etc…wir kennen das alle) Oder "er war mit anderen Dingen beschäftigt, so wie ich auch manchmal"…. Und es geht Ihnen gut. Sie entscheiden!

Das was geschieht sind Hin-weise, auf das, was ein Teil von uns braucht oder befürchtet. In dem Augenblick, wo wir uns offen hin-wenden, anstatt uns als Opfer widriger Umstände im Außen zu sehen, können wir auf das Bedürfnis, die Angst eingehen, und somit löst sich die Notwendigkeit für unangenehme Widerkehr von Ereignissen auf.

Ich habe früher stets ("so macht ein netter Mensch das eben") alles getan, um die Bedürfnisse anderer zu erfüllen, so z.B. auch nie eine Einladung abgesagt, nur weil es mir nicht gut ging, schließlich wollten ja die Gastgeber so gerne, dass ich komme. Ich habe sie nicht enttäuscht – aber mich. Eines Tages hatte ich – wie so oft – eine starke Halsentzündung und wählte neu – ich beschloss, zuhause und im Bett zu bleiben. Und prompt wurde mein Hals besser, denn seine Botschaft, sein Hilfeangebot war gehört worden. Unser Körper, unser Leben will uns nie sinnlos schikanieren. Es ist ein Hinweisschild, aber nicht nach außen, sondern zu uns selbst, in unser Inneres, unsere Vielfalt.

Wie wäre Ihr Leben, wenn Sie ganz und gar vertrauensvoll davon ausgehen würden, dass alles, was geschieht in der Tat Ihrem höchsten Wohl dient? Jedes Ereignis genau richtig ist und Ihnen gibt, was Sie brauchen um dahin zu gelangen, wo Sie Ihre Erfüllung finden? Zu sich.

Wenn Sie ein-verstanden wären.

Und so ist der Satz zu verstehen: Glück ist, zu wollen was ist.

_______________________________________________Ende

 

[1] Ford, ebd. S. 21.

[2] Byron Katie, Lieben was ist, Goldmann Arkana 2002, S. 71

 

[i] Lindner, David: "Gesang der Stille", Traumzeit-Verlag, Battweiler 2002, S. 5

[ii] Lindner, s. o., Vorwort

[iii] vgl. Lindner, S. 34

[iv] vgl. Koller, Christina Maria: „Der Einsatz von Klängen in pädagogischen Arbeitsfeldern“, Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2007, S 74

[v] Zitiert nach Campbell, 2000, S. 72 Die Heilkraft der Musik, Klänge für Körper und Seele, Droemer Knauer, München.

[vi] Bossinger, Wolfgang und Eckle, Raimund (Hg.): „Schwingung und Gesundheit, Neue Impulse für eine Heilungskultur aus Musik, Kunst und Wissenschaft“, Traumzeit-Verlag, Battweiler 2007, S. 365